Mittwoch, 29. August 2012

Filmtagebuch: Red State (2011)

Die ultrakonservative Five Points Trinity Church, bekannt für aufsehenerregende Demonstrationen gegen Homosexuelle, geht hinter ihren Kirchenmauern sehr viel weiter, als Außenstehende glauben gemacht werden. Sünder werden entführt und im Rahmen der täglichen Gottesdienste ihrer "gerechten" Strafe zugeführt: dem Tod. Als ein Polizist durch einen Zufall Zeuge einer Schießerei auf dem Sektengelände wird, dauert es nicht lange, bis sich Kultführer Abin Cooper und die Seinen von einem S.W.A.T.-Team umzingelt sehen. Die fanatischen Gläubigen sind nicht gewillt, sich lebendig zu ergeben, aber auch die Befehle des Einsatzleiters beschwören ein grausames Blutbad herauf. Zwölf Jahre nach seinem Dogma hielt Regisseur Kevin Smith die Zeit offenbar für gekommen, einen weiteren Religionsfilm zu drehen. Und dabei seinem Frust freien Lauf zu lassen...
Denn Red State ist so etwas wie ein filmischer Rundumschlag, eine Abrechnung mit beiden Seiten dieses Konflikts. Die Methoden der Sekte wirken zugleich beängstigend und irrational. Der offensichtliche Widerspruch zwischen gepredigter Liebe und brutalem Mord lässt den Gottesdienst zu einem bizarren Stück Anschauungsmaterial zum Verständnis von religiösem Fanatismus werden. Dabei serviert Smith uns diese Szene derart unangenehm, dass wir uns bloß wünschen, sie möge schnell vorübergehen. Die gefesselten "Sünder", die als wimmernde Opfer statt Altären auf der Kanzel stehen, der rattenfängerische Prediger, der voller scheinbarer Gutmütigkeit nackten Hass und blanke Furcht propagiert. Und vor allem die ihm zustimmende, ja krankhaft begeisterte Gemeinde, ganze Familien, die ihren Kindern keinen Ausweg aus dem Sektenleben gestatten.
Doch auch die Staatsmacht bekommt ihr Fett weg, wobei sich die eigentliche Kritik weniger gegen den Umgang mit verblendeten Christen richtet, sondern gegen den mit möglicherweise unbescholtenen Andersgläubigen. Um einen Skandal zu vermeiden, nimmt die Regierung den Tod der Kinder der Five Pointers in Kauf und möglich macht all das der gute, alte 9/11! Keine moralische Abartigkeit scheint unmöglich unter dem Rettungsschirm "War on Terror".
Inszenatorisch hervorragend und dank Haudegen wie John Goodman und dem beängstigend fesselnden Spiel von Michael Parks darstellerisch schlicht genial, weiß Red State mit seiner räudigen, pessimistischen Art auf ganzer Linie zu überzeugen.

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