Donnerstag, 14. Oktober 2010

Review: Werewolf vs. Vampire Women


Durfte ein Jahr zuvor noch Dracula Jagd auf Frankenstein machen (Los Monstruos del terror, 1970), ist es nun der Wolfsmensch, der gegen eine Handvoll weiblicher Vampire antritt. Dabei geht die Verwandtschaft beider Werke über die Crossover-Eigenschaft und die Produktionsländer (beide Filme sind spanisch-deutsche Co-Produktionen, wobei Los Monstruos del terror zusätzlich noch italienische Geldgeber hatte) hinaus; Jacinto Molina alias Paul Naschy hat nicht nur beide Drehbücher verfasst, sondern schlüpft auch beide Male in seine Paraderolle als Waldemar Daninsky und damit ins flauschige Werwolffell. In über einem Dutzend Filmen spielte Naschy diesen Part und auf eine gewisse Art und Weise gehört La Noche de Walpurgis, so der Originaltitel, sicher zu den schönsten dieser Werke.
Zwar strotzen Buch und Film nur so vor Fehlern, jedoch darf man den Zuschauern in diesem Fall wohl eine Herangehensweise unterstellen, die nicht von der ernsthaftesten Natur ist. Vielmehr empfiehlt es sich, die hübsch zusammengeklauten Details und die teils stimmigen Settings zu bewundern. Denn auch wenn die Geschichte an und für sich in Ungarn spielt, schlucken wir gerne die mediterranen Bauten und Landschaften. Und anstatt sich über die theoretisch fehlplazierten Palmen (!) oder die dezent von osteuropäischer Architektur abweichenden Gebäude zu echauffieren, freuen wir uns lieber über die sich aufdrängenden Parallelen zu Amando de Ossorios Nacht der reitenden Leichen (1971). Wenn etwas später im Film dann urplötzlich ein Kapuzenzombie auftaucht, der direkt Ossorios Quadrologie entsprungen zu sein scheint, ist der Spaß perfekt. Dass der Untote keinerlei Bezug zur Handlung hat und bereits seine Existenz ein ungeklärtes Rätsel aufgibt, trübt den Unterhaltungswert dieser Szene dabei kein Stück.
Solche Szenen, die für alles prädestiniert sind, nur nicht dazu, die Handlung voranzutreiben, haben es an mehreren Stellen in den Film geschafft. Nichtsdestotrotz gibt es aber natürlich auch eine grobe Rahmenhandlung, die zwei französische Studentinnen in die Karpaten führt, wo sie für eine Arbeit über die legendäre Gräfin Wandessa d'Arville de Nadasdy recherchieren. Leider ist sich Regisseur León Klimovsky selbst nicht so ganz sicher, wann die Gute denn lebte, denn während Elvira, die eine Studentin, sie als ungarische Gräfin im 11. Jahrhundert beschreibt, steht auf ihrem Grabstein zu lesen, dass ihr (Menschen)Leben von 1452 bis 1480 währte. Offensichtlich war die berüchtigte Gräfin Elizabeth Bathory (eigentlich: Erzsébet Báthory) die Vorlage für Wandessa, denn neben ihren satanistischen Ritualen trank die Gräfin zu Lebzeiten auch das Blut von Jungfrauen, was ihre Schönheit erhalten sollte. Dies und die geografische Herkunft deuten auf die Verbindung hin, denn Erzsébet Báthory, die „Blutgräfin“, soll der Legende nach ebenfalls im Blut junger Mädchen gebadet haben, um sich ihre eigene Jugend zu erhalten. Naschy erweiterte seine Figur allerdings noch um den Aspekt des Übernatürlichen, indem er die Gräfin zur Vampirin werden lässt, welche nur stirbt, wenn ihr Herz von einem silbernen Kreuz durchbohrt wird.
Auf der Spur dieser Legende treffen Elvira und ihre Freundin Genevieve in einer abgelegenen Gegend auf Waldemar Daninsky, der sie sogleich bei sich aufnimmt und sich alsbald sogar an der Suche nach der Gruft der Vampirin beteiligt. Während Genevieve von Barbara Capell verkörpert wird, die neben einigen Nakedei-Filmchen aus deutschen Landen nicht viel vorweisen kann, ist Gaby Fuchs ihre Freundin Elvira. Zwar war Fuchs ebenfalls in einigen dieser fidelen Produktionen zugegen, durfte aber in Hexen bis aufs Blut gequält (1970) auch einige intensive Folterungen über sich ergehen lassen, welche im Herausreißen ihrer Zunge gipfelten. Ähnliches bleibt ihr hier glücklicher Weise erspart, allerdings hegt sie sehr schnell den Verdacht, dass auch Waldemar etwas zu verbergen hat, was Genevieve zunächst für dummes Gerede hält. Elviras Vermutung erweist sich jedoch rasch als begründet, denn in der Nacht betritt eine Frau das Zimmer der beiden und stößt in scheinbar wirren Sätzen und wechselnden Sprachen Warnungen aus, bevor sie plötzlich beginnt, Elvira zu würgen. Waldemar kommt hinzu und erklärt, dass es sich bei der Frau um seine Schwester Elizabeth handelt, welche er aufgrund ihrer psychischen Krankheit in dieser Einöde von der Außenwelt abschottet. Elvira gibt sich offenbar mit diesen Erklärungen zufrieden, wohingegen Genevieve plötzlich ihrerseits Bedenken äußert und schließlich auf einen Schuppen stößt, in dem Ketten und Fesseln hängen und dessen Wände mit Blut beschmiert sind. Dort wird sie von Elizabeth überrascht, welche diesmal Genevieve an die Gurgel geht. Elvira und Waldemar können Schlimmeres verhindern, doch nun hat Genevieve genug von diesem Ort und will um jeden Preis abreisen. Im Gegensatz zur letzten Nacht ist es nun Elvira, die ihre Freundin zum bleiben überredet. Dieses Wechselspiel zwischen Skepsis und Naivität soll im weiteren Verlauf noch das eine oder andere Mal zu beobachten sein. In dieser Situation gibt vor allem Waldemars Ortskenntnis den Ausschlag zum Bleiben, mit der er den beiden bei der Suche nach Wandessas Grabstätte helfen kann.

Diese Suche gestaltet sich sogar noch einfacher, als man es hätte erwarten können und so stehen die drei schon bald vor der Gruft der Gräfin. Als sie diese öffnen, übernimmt einmal mehr Elvira den Part der Zweifelnden und besteht darauf, den Sarg nicht zu öffnen. Da ihr Ansinnen keinen Erfolg hat, beschließt sie, sich zu den nahe gelegenen Ruinen einer alten Kapelle zu begeben, um bei der Öffnung des Sarges nicht anwesend zu sein.
Allein zu zweit heben die beiden nun den Sargdeckel an und finden tatsächlich die halb verweste Leiche der Gräfin Wandessa vor. Wie es die Legende beschreibt, steckt das silberne Kreuz in ihrer Brust und – wie könnte es anders sein – beim Entfernen dieses Artefakts verletzt sich Genevieve und ihr Blut fließt in den skelettierten Mund der Leiche. Obskurer Weise erklärt die Studentin just in diesem Moment, dass die Gräfin ihre Macht zurückerlangt, wenn man das silberne Kreuz aus ihrer Brust entfernt. Zwar schlägt Waldemar daraufhin vor, alles wieder in Ordnung zu bringen und schaufelt das Grab auch wieder zu, jedoch freilich ohne das Kreuz wieder an seinem Bestimmungsort zu platzieren. Der erfahrene Zuschauer freut sich daher bereits auf eine stimmungsvoll inszenierte Auferstehung der Vampirin, die durch eine sich durch den Lehmboden kämpfende Hand visualisiert wird. Zuvor darf allerdings noch das Kreuz ein erstes Mal seine Kräfte unter Beweis stellen, als Elvira in den Ruinen der Kapelle von dem bereits erwähnten Kapuzenzombie attackiert wird. Waldemar eilt zur Hilfe und erledigt den Untoten kurz und schmerzvoll mit dem magischen Utensil.
Spätestens jetzt hätten die Mädels eigentlich auf die Idee kommen können, das Kreuz ganz schnell wieder in die noch tote Leiche zu stecken, doch erstens spielte dann ja das Auftauchen des Zombies plötzlich doch eine Rolle für die Geschichte und zweitens würden wir dann nicht die bezaubernde Patty Shepard als Gräfin Wandessa zu Gesicht bekommen.
Patty Shepard ist zugleich eine weitere Überschneidung mit dem eingangs erwähnten Dracula jagt Frankenstein. Leider ist ihre Screentime ein wenig kurz ausgefallen, dafür sieht sie hier in ihrer Vampir-Maskerade wahrlich zum Anbeißen aus. Nicht, dass sie in oben genanntem Film, in dem eher langatmigen The Witches’ Mountain (1972) oder in einem ihrer zahlreichen Western jemals eine schlechte Figur abgegeben hätte, doch wird hier die oftmals beschworene Verbindung von Tod und Erotik, die den Vampirmythos ausmacht, trotz bis zum Hals zugeknöpfter Kleidung regelrecht auf den Punkt gebracht.
Allerdings soll die angebrachte Kritik am Aussehen der Vampire nicht unter den Tisch fallen, denn besonders bei der später zur Blutsaugerin avancierenden Genevieve wirken die viel zu langen, angeklebten Eckzähne dann doch etwas albern. Erinnern wir uns aber wieder, in welcher Kategorie Film wir uns bewegen, lässt uns dieser Makel nur amüsiert schmunzeln, macht doch auch er den Charme dieser spanischen Kleinproduktion(en) aus.
In der Folge hat es die Gräfin also auf die beiden Mädchen und ihren Gastgeber abgesehen und taucht von Nacht zu Nacht in den Gängen des Hauses auf, wobei sie wahlweise tötet oder ihre Opfer zum Vampir macht.
Durch die Dezimierung der Anwesenden sieht sich Waldemar gezwungen, Elvira von seinem Geheimnis zu erzählen; dass er seinerzeit in Tibet zum Werwolf wurde und bis zuletzt von seiner Schwester in Vollmondnächten (von denen es eigenartig viele im Film gibt) angekettet wurde, um zu verhindern, dass er unschuldige Menschen tötet. Was sich bereits angekündigt hatte, nimmt nun konkrete Formen an, denn wie wir bereits wissen, muss die Frau, die ihn liebt, Waldemar mit dem silbernen Kreuz töten, um ihn von seinem Fluch zu befreien. Dass Elvira eine Liebesbeziehung zu Waldemar beginnt, ist also nicht nur unglaubwürdig, sondern auch für die Geschichte vonnöten. Hier entwickelt der Film dann erstmals wirkliche Längen, wenn die beiden in mehreren Dialogen nur wenig Spannendes austauschen. Unterbrochen werden diese Gespräche immer wieder von Auftritten der Vampirin, bis wenige Minuten vor dem Abspann der Titel gebende Konflikt bevorsteht. Allerdings erinnert dieser Faustkampf eher an eine Schulhofklopperei, denn an das Duell zweier erhabener Wesen der Nacht. Nichtsdestotrotz erhält sich der Film auch hier eine gewisse atmosphärische Dichte, die allerdings kaum mit den vorangegangenen Nachtszenen mithalten kann. Denn in diesen Sequenzen spielt The Werewolf vs. Vampire Women sein ganzes Potential aus, wenn – und auch das ist eine Verbindung zu Ossorios Filmen – die weiblichen Vampire in Zeitlupe durch Gänge und über Felsen schreiten. Der allgegenwärtig eingesetzte Nebel sorgt dabei nicht nur für stimmungsvolle Bilder, sondern in einigen Szenen auch für den Effekt des Schwebens, den man auch von den reitenden Leichen kennt.
Diese Szenerien füllen den Film mit Leben und machen ihn bei all seinen Schwächen zu einem Erlebnis. Natürlich ist eine gewisse Affinität gegenüber dieser Art Film eine der Voraussetzungen, das ganze wirklich genießen zu können. Wer gerne in Logiklöchern angelt oder bei schlechten Effekten aus dem falschen Grund das Grauen bekommt, der sollte sich getrost fernhalten - obwohl die gar nicht mal so unblutigen Effekte zum Teil sehr ansehnlich umgesetzt wurden. Auch der Soundtrack darf noch lobend erwähnt werden, denn die minimalistischen Glockenklänge und ähnlichen Töne tragen ebenfalls zur oft gelungenen Atmosphäre bei.
Hätte man das letzte Drittel etwas rasanter gestaltet, könnte man beinahe von einer kleinen Perle sprechen, so bleibt aber immer noch ein solider Geheimtipp für Freunde des spanischen Genrekinos der siebziger Jahre, der einen Charme besitzt, den handwerklich bessere 08/15-Filme aus den Staaten niemals erreichen könnten.

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