Freitag, 31. August 2012

Filmtagebuch: Spiel mir das Lied vom Tod (1968)

Sergio Leones C'era una volta il West stellt auch und vor allem nach mehr als vier Jahrzehnten so etwas wie den Inbegriff des Kinos dar - den des Westerns ohnehin. Das opernhafte Mammutwerk quillt geradezu über vor unsterblichen Stars in noch unsterblicheren Rollen, vor unvergesslichen und ein ganzes Genre prägenden Bildern, deren Epigonen längst unzählbar sind, und vor ganz großen Emotionen. All das getragen von Ennio Morricones monumentalem Score, der sich mit seinen von simplen Geräuschen bis hin zu komplexen Arien reichenden Klängen in die Köpfe von Generationen festgebrannt hat.
Inhaltlich geht es um ein Stück Land, das sich als profitabel erweist, da es den einzigen in Frage kommenden Baugrund für einen neuen Bahnhof beinhaltet. Nachdem der Besitzer ermordet wurde, will nun seine Ehefrau Jill den Bau in die Hand nehmen, was die Mörder ihres Mannes verhindern wollen. Doch die Witwe erhält Unterstützung von dem Ganoven Cheyenne und einem geheimnisvollen Fremden mit einer Mundharmonika.
Die oberflächlich typische Western-Handlung, die sich am Ende noch zu einer Rachegeschichte wandelt, ist natürlich doppelbödig zu verstehen. Die Ankunft der Eisenbahn markiert zugleich das Ende des Wilden Westens. Die alten Strukturen werden aufgelöst, Revolverhelden stehen nicht mehr am Ende der Nahrungskette, sondern einzig das Geld ist es noch, das einem Menschen zu Macht verhilft. 
Dieser Abschied vom alten Westen ist auch ein Abschied Leones vom Western. Und ähnlich wie es seinen Figuren in Spiel mir das Lied vom Tod ergeht, lieferte auch der Regisseur mit diesem unfreiwilligen Schwanengesang sein Meisterstück ab. Eigentlich wollte er nie wieder einen Western machen, doch da das Studio ihm dies als Voraussetzung auferlegte, um sich seinen Wunsch, Once upon a Time in America zu drehen, zu erfüllen, willigte der Italiener ein. Der Rest ist Filmgeschichte und bringt auf erhabene Weise und mit einer anbetungswürdig pessimistischen Grundstimmung all das zu Ende, was Leone selbst einst mit Für eine Handvoll Dollar aus der Taufe gehoben hatte.

Donnerstag, 30. August 2012

Filmtagebuch: Das Omen (2006)

Herrje, Remakes sind ja von Natur aus schon ein Ärgernis an sich, doch die Neuauflage von Richard Donners Horror-Klassiker aus dem Jahre 1976 schafft es tatsächlich, das Wort "überflüssig" ganz neu zu definieren! Das Tragische daran ist, dass bei diesem Omen eigentlich ein ganz guter Okkult-Streifen herausgesprungen ist.
Bloß, was nützt dies, wenn es sich dabei praktisch um eine 1:1-Kopie des Originals handelt? Namen, Handlung, im Prinzip so gut wie jede einzelne Szene sind unverändert übernommen worden. Nennenswerte Modernisierungen? Neue Sichtweisen? Wie auch immer geartete Neuerungen mit Hand und Fuß? Alles nicht auszumachen. Was Regisseur John Moore hier abliefert, ist nicht mehr und nicht weniger als Dienst nach Vorschrift: den ollen Gregory Peck durch den schneidigen Liev Schreiber ersetzt, die bezaubernde Lee Remick durch Julia Stiles, die sich in der Tat als Idealbesetzung für die Katherine Thorn des neuen Jahrtausends entpuppt, und ansonsten den gesamten Film einmal durch die Hochglanz-Politur geschickt. Eine der wenigen Änderungen betrifft den Tod des investigativen Fotografen Keith Jennings. Zwar wird er heute wie damals geköpft, doch der Unfallhergang wurde im Remake an den Anfang des Films verfrachtet, wo der amerikanische Botschafter sein Ende findet, womit erklärt wird, warum der kleine Damian in London aufwächst. Die neue Version der Enthauptung erinnert indes - wie übrigens die meisten Todesfälle im neuen Das Omen - markant an die Final Destination-Filme, was dem Film doch einiges an Ernsthaftigkeit kostet. 
In Unkenntnis des Originals mag man Gefallen am Film und seinen durchaus vorhandenen Schockmomenten finden. In puncto Atmosphäre und Wirkung kann Moores Omen allerdings nicht im Geringsten mithalten. Und aufgrund der wenigen Änderungen muss auch die Frage nach der Daseinsberechtigung gestellt werden. Zumal der neue Damian eher an Roseannes Sohn DJ erinnert, womit sich beim Zuschauer eher Antisympathie denn Furcht breit macht. Einziger echter Clou des Films ist die Besetzung von Mia Farrow (Rosemary's Baby) als diabolisches Kindermädchen.

Mittwoch, 29. August 2012

Filmtagebuch: Red State (2011)

Die ultrakonservative Five Points Trinity Church, bekannt für aufsehenerregende Demonstrationen gegen Homosexuelle, geht hinter ihren Kirchenmauern sehr viel weiter, als Außenstehende glauben gemacht werden. Sünder werden entführt und im Rahmen der täglichen Gottesdienste ihrer "gerechten" Strafe zugeführt: dem Tod. Als ein Polizist durch einen Zufall Zeuge einer Schießerei auf dem Sektengelände wird, dauert es nicht lange, bis sich Kultführer Abin Cooper und die Seinen von einem S.W.A.T.-Team umzingelt sehen. Die fanatischen Gläubigen sind nicht gewillt, sich lebendig zu ergeben, aber auch die Befehle des Einsatzleiters beschwören ein grausames Blutbad herauf. Zwölf Jahre nach seinem Dogma hielt Regisseur Kevin Smith die Zeit offenbar für gekommen, einen weiteren Religionsfilm zu drehen. Und dabei seinem Frust freien Lauf zu lassen...
Denn Red State ist so etwas wie ein filmischer Rundumschlag, eine Abrechnung mit beiden Seiten dieses Konflikts. Die Methoden der Sekte wirken zugleich beängstigend und irrational. Der offensichtliche Widerspruch zwischen gepredigter Liebe und brutalem Mord lässt den Gottesdienst zu einem bizarren Stück Anschauungsmaterial zum Verständnis von religiösem Fanatismus werden. Dabei serviert Smith uns diese Szene derart unangenehm, dass wir uns bloß wünschen, sie möge schnell vorübergehen. Die gefesselten "Sünder", die als wimmernde Opfer statt Altären auf der Kanzel stehen, der rattenfängerische Prediger, der voller scheinbarer Gutmütigkeit nackten Hass und blanke Furcht propagiert. Und vor allem die ihm zustimmende, ja krankhaft begeisterte Gemeinde, ganze Familien, die ihren Kindern keinen Ausweg aus dem Sektenleben gestatten.
Doch auch die Staatsmacht bekommt ihr Fett weg, wobei sich die eigentliche Kritik weniger gegen den Umgang mit verblendeten Christen richtet, sondern gegen den mit möglicherweise unbescholtenen Andersgläubigen. Um einen Skandal zu vermeiden, nimmt die Regierung den Tod der Kinder der Five Pointers in Kauf und möglich macht all das der gute, alte 9/11! Keine moralische Abartigkeit scheint unmöglich unter dem Rettungsschirm "War on Terror".
Inszenatorisch hervorragend und dank Haudegen wie John Goodman und dem beängstigend fesselnden Spiel von Michael Parks darstellerisch schlicht genial, weiß Red State mit seiner räudigen, pessimistischen Art auf ganzer Linie zu überzeugen.

Sonntag, 26. August 2012

Filmtagebuch: Gott vergibt - Wir beide nie! (1967)

Dio perdona... Io no! oder Gott vergibt... Django nie!, wie ihn ein deutscher Verleih ebenfalls vermarktete, markiert die Geburtsstunde des Traumduos Infernale Terence Hill und Bud Spencer (sieht man vom 1959 entstandenen Hannibal ab, in dem die beiden lediglich in einer Nebenrolle (Hill) beziehungsweise als Statist (Spencer) und noch als Mario Girotti und Carlo Pedersoli zu sehen sind). Doch auch Gott vergibt kann noch nicht mit den üblichen Spencer/Hill-Trademarks aufwarten, sondern kommt als knallharter Italowestern daher. Gleich zu Beginn wird eindrücklich unterstrichen, dass hier im wahrsten Sinne des Wortes keine Gefangenen gemacht werden. Bei einem Eisenbahnüberfall beißen sämtliche Mitreisende kaltblütig und bildfüllend ins Gras, lediglich einer lebt gerade noch lange genug, um Bud Spencers Charakter auf die richtige Fährte zu bringen.
Ganz wie in ihren späteren gemeinsamen Klassikern tun sich die beiden ungleichen Haudegen auch hier aus reiner Berechnung zusammen und sollen sich im Verlauf der Handlung noch das eine oder andere Mal den Rücken kehren. Die markigen Sprüche, die überspitzten Schlägereien und auch die kultigen Ohrwurm-Melodien sucht der Zuschauer jedoch vergebens. Statt lockerem Klamauk bestimmt die düster-harte Stimmung den Film. Und dennoch brodelt bereits in diesem Duo-Debüt die Chemie zwischen den beiden späteren Stars. Aufgewärmt wurde das ganze dann folgerichtig mit vielen Schnitten und einer neuen, launigen Synchronisation unter dem Titel Zwei vom Affen gebissen.
Im Vergleich zur ernsthaften Originalversion tut diese Schnittfassung allerdings eher weh, auch wenn es filmhistorisch spannend ist, die beiden Varianten zu vergleichen.

Samstag, 25. August 2012

Filmtagebuch: Hai Attack (2011)

Dieses unerfreuliche, kleine Machwerk greift nicht nur nach der Krone für den beschissensten Filmtitel aller Zeiten (noch vor All die schönen Pferde!), er schickt sich auch an, die Meisterschaft im Etikettenschwindel zu erringen. Lädt der Slogan "Piranhas sind die kleinen Fische!" noch zum Schmunzeln ein - auch wenn sich der offensichtlich zur Bauernfängerei angedachte Vergleich mit Ajas Genre-Hit Piranha profund verbietet - stimmen die Werbeslogans schon ärgerlicher. Hai Attack (wie spricht man den Titel eigentlich aus?) macht mitnichten "einfach Spaß", und was das Onlineportal der Zeitschrift Cinema zu der Aussage "Hier wird nicht mit Blut und nackter Haut gegeizt!" getrieben haben mag, wird wohl auf ewig ein ungelöstes Rätsel bleiben. Traurige Tatsache ist, dass man sowohl nackte Haut als auch nennenswerte Effekte vollkommen vergeblich sucht. Doch damit nicht genug der Beutelschneiderei. Kackdreist wirbt man auf der Blu-ray-Hülle damit, den Regisseur von Universal Soldiers und Lake Placid verpflichtet zu haben. Der gute G.E. Furst (eigentlich Griff Furst - der Mann hat bis zu seinem 30. Lebensjahr bereits satte sechs Pseudonyme verschlissen) zeichnete allerdings nicht für den durchaus ansehnlichen und vor allem relativ populären Kroko-Horror mit Bill Pullman und Bridget Fonda verantwortlich. Vielmehr hat er den eher bescheidenen dritten Teil dieser Reihe inszeniert. Ein bedauerlicher Druckfehler, sicher ohne jede Absicht. Da muss man ja beinahe dankbar dafür sein, dass die Layouter beim Hinweis auf Universal Soldiers nicht versehentlich den letzten Buchstaben verschusselt haben.
Neben derlei, nun ja, Ungereimtheiten ist Swamp Shark, so der weitaus griffigere und stimmigere Originaltitel, nicht wirklich der Rede wert: Irgendein nicht allzu tiefgründig klassifizierter Monsterhai gerät versehentlich in einen Fluss, auf dem gerade die alljährliche Gator-Party ansteht, die der an der Misere nicht ganz unschuldige Sheriff nicht abblasen will. Kirsty Swanson und ein paar andere ganz sympathische Darstellerinnen quälen sich durch die Handlung, ohne auch nur ein einziges Wasser-Tier-Horror-Klischee zu umschiffen. Alles wie gehabt, nur viel schlechter. Die Hai Attacken sind grausam, blutleer und weisen ein dramatisch schlechtes Timing auf, während die Story sich gelegentlich selbst nicht ganz folgen zu können scheint. Nach dem genreüblichen Jagdausflug, bei dem die Gruppe von einem Hai angegriffen wurde, ihn also bereits vor Augen hatte, freuen sie sich wie die Kinder über einen Kadaver (übrigens der einzige echte Gore-Effekt),  an dem Bissspuren beweisen, dass es sich nicht um Alligatoren, sondern um einen Hai handelt. Die Dialoge reichen von einem grenzdebilem "Der Hai reagiert gar nicht [auf die Scharfschützengewehrkugeln, die ihn um einige Meter verfehlt haben]" bis hin zu einer grenzenlos überheblichen Möchtegern-Hommage an Predator
Ein einziges Mal funktioniert das ansonsten schon bemitleidenswerte Hangeln von einem Genreklassiker zum anderen dann aber doch: Als in einer komplett aus Der weiße Hai kopierten Szene eine Gasflasche nach einem Gewehrschuss aus dem Maul der Monsters fliegt, statt darin zu explodieren (wie in Jaws), kommentiert einer der männlichen Knallchargen den Versuch mit "Das konnte nicht funktionieren!" Und auch das direkt anschließende Finale versöhnt am Ende dann doch ein bisschen, denn im Gegensatz zum kompletten Rest des Films hat man in dutzenden Shark-Flicks einen derartigen Jagderfolg noch nicht gesehen.

Dienstag, 14. August 2012

Filmtagebuch: Unter zehn Flaggen (1960)

Unfassbar, dass die sicherlich spektakulärste Kriegsliste der Nazis der breiten Öffentlichkeit bis heute nahezu unbekannt und der einzige auf ihr basierende Film nahezu verschollen ist. Dabei entpuppt sich Unter zehn Flaggen nicht nur als äußerst guter, sondern in einigen Belangen auch außergewöhnlicher Kriegsfilm.
Erzählt wird die Geschichte der Atlantis, eines deutschen Hilfkreuzers, der sein Äußeres verändern und sich als ziviles Schiff getarnt britischen und alliierten Handelsschiffen nähern konnte. Mit Holzbauten wurden die Geschütze verdeckt und selbst die Crew passte ihre Garderobe der Tarnung an. Was danach klingt, als hätte James Bond-Mastermind Q zunächst für die Nazis gearbeitet, bevor er in den Geheimdienst Ihrer Majestät wechselte, beruht tatsächlich auf wahren Begebenheiten. Ebenso wie die ungewöhnlich positive Darstellung des deutschen Kapitäns, der seine Mission mit minimalem Blutvergießen erfüllen will und alle Gefangenen - auch die jüdischen (darunter Gian Maria Volonté (Für eine Handvoll DollarFür ein paar Dollar mehr) in seiner ersten Rolle) - gut behandelt. Gewürdigt wird dies auch in Form der in Kriegsfilmen noch bis weit nach Unter zehn Flaggen äußerst seltenen Konstellation eines deutschen Protagonisten, der von seinem britischen Gegenspieler nicht nur als ebenbürtiger Widersacher, sondern ebenso als Mensch anerkannt wird. Ein bemerkenswertes Stück Geschichte, das in einem ebenso bemerkenswerten Film aufgearbeitet wurde.

Samstag, 11. August 2012

Filmtagebuch: Der Horror-Alligator (1980)

Ein kleiner, niedlicher Alligator, der als Haustier nicht mehr erwünscht ist, wird im Handumdrehen die Toilette heruntergespült und findet sich in der Kanalisation wieder. Dort stellt sich natürlich das Problem der Nahrungsaufnahme, für welches das örtliche Pharma-Unternehmen unverhofft eine Lösung parat hat. Für nicht zugelassene Forschungen wird ein Hundefänger für Beschaffung und Entsorgung zahlloser Tiere unter dem Tisch bezahlt. Die mit Steroiden vollgepumpten Kadaver werden so zum Buffet für die Echse und führen schließlich zu einer immensen Gewichtszunahme.
Ach, was waren das noch Zeiten... 1980 konnte man sich getrost in einen Mockbuster wie Alligator setzen und wusste zwei Dinge: dass hier Jaws in zum Teil einstellungsgetreuer Weise nachgeeifert wird und dass es keinerlei CGI-Dreck zu befürchten gibt! Und ja, Spielbergs Klassiker stand hier mehr als offensichtlich Pate, vom Kniff, das Monster bis in die zweite Hälfte hinein nur andeutungsweise zu zeigen, bis zu einzelnen Szenen, die beinahe 1:1 nachgestellt wurden. Und ja, hier gibt es handgemachte Effekte und keinen Müll aus der Konserve. Gummipuppen, Animatronics und echte Reptilien kamen zum Einsatz und wirken zwar nicht immer realistisch, aber weitaus intensiver als jede Animation.
Natürlich gibt es kein ausgefeiltes Drehbuch oder eine wasserdichte innere Logik, aber das knackige Erzähltempo, die guten Creature- und Gore-Effekte und der sympathische Cast sorgen für solide Unterhaltung auf hohem B-Film-Niveau. 

Filmtagebuch: 2-Headed Shark Attack (2012)

Der Hingucker-Effekt ist bei neuen Monster-Movies immer schwerer zu erzielen, seit mit Filmen wie Mega Python vs. Gatoroid oder Sharktopus das Feld der überdimensionierten oder absurd mutierten Raubtiere nahezu abgegrast schien. Die Trash-Schmiede The Asylum hat aber selbst im Jahr 2012 noch eine Spinnerei in der Hinterhand und lässt einen Hai mit zwei Köpfen auf die Menschheit los. Beziehungsweise auf eine Gruppe Studenten, die ihre Luxuskörper über irgendeine Insel im Südpazifik spazieren führen, womit von der exploitativen Seite aus betrachtet die denkbar günstigsten Bedingungen herrschen.
Leider kann 2-Headed Shark Attack dieses wunderbar bestellte Feld, auf dem sich manche Trash-Bombe mal so richtig ausgetobt hätte, überhaupt nicht nutzen. Story, Spannung, Humor: Fehlanzeige. Der Versuch, der Handlung zu folgen, ist genauso unnötig wie jener, sie hier wiederzugeben. Da ist halt dieser zweiköpfige Hai, der sich nach und nach seine Opfer sucht und dazu aufgrund deren bescheuerten Verhaltens auch reichlich Gelegenheit findet. Mitfiebern ist hier definitiv nicht angesagt. Und wie das Monster dann am Ende erledigt wird, ist geradezu ein Angriff auf die Intelligenz des Betrachters. Doch all das und selbst die durchwachsenen Hai-Animationen, die hin und wieder echte Klasse aufblitzen lassen, nur um in der nächsten Szene wieder allenfalls Game Boy-Niveau zu erreichen, ist kein annähernd so großes Ärgernis wie die unterirdische Besetzung. Die miesen Darsteller verderben auf Dauer das Vergnügen, das 2-Headed Shark Attack ansonsten trotz bestechender Unlogik hätte werden können. So reicht es nur zu einem Platz im Kino-Kuriositäten-Kabinett und zu ein paar Lachern, etwa wenn der Doppelkopf-Hai mit sich selbst um die Beute ringt.

Donnerstag, 9. August 2012

Filmtagebuch: The Call of Cthulhu (2005)

Daran, die einzigartige Welt, die Howard Phillips Lovecraft in seinen Schauergeschichten erschaffen hat, in bewegte Bilder zu hüllen, sind bereits die unterschiedlichsten Regisseure grandios gescheitert. Kaum eine "echte" Lovecraft-Verfilmung reicht auch nur im Entferntesten an die visionäre Kraft der Vorlage heran. Dagon und Re-Animator kommen einem hier spontan in den Sinn - und dann lange nichts. Ansonsten vermögen eher jene Werke gelegentlich zu überzeugen, welche keine direkte Umsetzung einer Lovecraft-Erzählung darstellen, sondern sich selbst lediglich als vom Autor "inspiriert" oder auf dessen "Motiven beruhend" bezeichnen. Das Ding aus einer anderen Welt, Tanz der Teufel (beziehungsweise die gesamte Evil Dead-Reihe) oder Hellboy - sie alle machen sich Ideen, Namen und Gegenstände zunutze, die aus der Feder H.P. Lovecrafts stammen. Beinahe könnte man sagen, je weiter entfernt von der Vorlage, desto besser die Verfilmung.
Geradezu konträr stellt sich der Ansatz der HPLHS - der H.P. Lovecraft Historical Society - dar. The Call of Cthulhu bewegt sich nicht nur sehr nah am wohl berühmtesten Werk des Autors aus Providence, sondern strebt durch den Eindruck, zu einer ähnlichen Zeit entstanden zu sein wie der Text, nach maximaler Authentizität: in Form eines Stummfilms. 
Dieses Format bringt neben der gefühlten Nähe zum Stoff - schließlich entstand "Der Ruf des Cthulhu" nicht nur in den 1920ern, auch die Ereignisse tragen sich zu jener Zeit zu - auch den Vorteil mit sich, dass sich die simpel aber mit viel Liebe konzipierten Effekte so homogen in den optischen Stil einbetten, wie es High-End-FX in einem aktuellen Blockbuster tun, womit beide eine vergleichbare Wirkung erzielen. Und so kommt der schwarz-weiße Stop-Motion-Cthulhu trotz minimalem Budget wahrhaft bedrohlich rüber - weil man Animation und Effekte in einem Stummfilm nun einmal so und nicht anders erwartet.
Inhaltlich ist The Call of Cthulhu dank nahezu werksgetreuer Umsetzung ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Was die HPLHS hier geleistet hat, verdient allerhöchsten Respekt und reichlich Sympathie. Ein einmaliger Genuss für wirklich jeden Lovecraft-Liebhaber.

Filmtagebuch: Dagon (2001)

Was 1985 bei Re-Animator wunderbar funktioniert hatte, versprach auch 16 Jahre später Erfolg: Stuart Gordon verfilmt in einer Brian Yuzna-Produktion eine Kurzgeschichte von Howard Phillips Lovecraft. Sich bei diesem Vorhaben ausgerechnet für Dagon zu entscheiden, eine Geschichte, die mehr andeutet als sie preisgibt, hätte sich als Kardinalfehler erweisen können. Doch statt einer mehr als vagen Story einen subjektiven Stempel und dem Zuscheuer seine persönliche Lovecraft-Interpretation aufzudrücken, füllt Gordon die offen gelassenen Aspekte der Shortstory mit Elementen aus anderen Geschichten des Ctulhu-Zyklus. So erinnern Erscheinung und Verhalten der Dörfler stark an die Bewohner in "Schatten über Innsmouth". Ebenso wird mit den Tentakeln auf charakteristische Merkmale aus The Call of Cthulhu zurückgegriffen.
Darüber hinaus wird die Geschichte im Stile eines typischen Euro-Horrors in unsere Zeit verlegt und vier ahnungslose Amis dem Schrecken des Esoterischen Ordens von Dagon, der eine kleine Insel beherrscht, ausgesetzt. Wie sich diese Bedrohung langsam andeutet, etwa beim Anblick der Schwimmhäute oder der Kiemen an Fingern und Hälsen der Einwohnern, um die Überlebenden zunächst heimzusuchen und sich dann in einem Inferno über ihnen zu entladen, bringt schon eine mächtig unheilvolle Stimmung auf den Bildschirm. Vom subtilen Lovecraft'schen Horror sind wir hier natürlich weit entfernt, doch im Rahmen der Möglichkeiten ist Gordon und Yuzna mit Dagon eine atmosphärisch äußerst ansprechende und spannend inszenierte Adaption gelungen. 

Sonntag, 5. August 2012

Filmtagebuch: Berlin '36 (2009)

Im Sommer 1936 gaben sich die Nationalsozialisten noch bis zu einem gewissen Grad weltoffen. Berlin '36 fängt zu Beginn anschaulich die Bemühungen der Deutschen ein, den drohenden Olympia-Boykott des US-Teams zu verhindern. Zähneknirschend wird also die Jüdin Gretel Bergmann in die deutsche Mannschaft berufen, schon im Trainingslager wird sich allerdings zeigen, dass dies nur eine vorübergehende Nominierung sein soll. Die "arischen" Mädchen lassen keine Gelegenheit aus, Gretel zu schikanieren und da der Nationaltrainer offenbar gewillt ist, alle Sportlerinnen gleich zu behandeln, wird dieser kurzerhand ersetzt. Doch Gretel ist nicht allein in der Außenseiterrolle. Ihre Zimmergenossin Marie, die von Beginn an recht eigenbrötlerisch wirkt, entpuppt sich als Mann, was die beiden letztlich zusammenschweißt.
Die wahre Geschichte, auf der Berlin '36 beruht, kam erst Jahrzehnte nach Ende des Krieges zum Vorschein, insofern ist die große Leistung des Films, sie entdeckt und sich ihrer angenommen zu haben. Wie er dies tut, ist allerdings mindestens diskussionswürdig. Look und Ausstattung sorgen zwar für eine realitätsnahe Optik, doch wurde die historische Wahrheit zugunsten der Dramaturgie an einigen Stellen sehr strapaziert. Weder haben die Nazis Marie (oder Dora Ratjen, wie die Figur tatsächlich hieß) zu den Olympischen Spielen eingeschleust, wie es der Film glauben machen will, noch ist die echte Gretel hinter das Geheimnis ihrer Sportlerkollegin gekommen. Außerdem erweisen sich zwei derart sensible Schicksale schnell als zu umfangreich für einen Spielfilm normaler Länge. So bleibt leider vieles offen, unbeantwortet oder kommt über einen interessanten Ansatz nicht hinaus. Stattdessen machen sich die üblichen Klischees und alles andere als unerwartete Wendungen breit.
Ein wenig hat man das Gefühl, dass dieses wirklich außergewöhnliche Thema beinahe verschenkt wurde, wer keine historisch und psychologisch präzise Aufarbeitung erwartet, wird sich aber immerhin nicht langweilen - was vor allem an den Darstellern liegt: Karoline Herfurth ist wie üblich großartig, Axel Prahl übertrifft sich selber und spielt sich als zwischen den Stühlen sitzender Nationaltrainer in die Herzen des Publikums.

Mittwoch, 1. August 2012

Filmtagebuch: Piranha (2010)

Hier hätten wir also so etwas wie den König aller Schund-, Schrott- und Trash-Filme, die keinen Hehl daraus machen, dass ihr gesamtes Dasein einzig auf nackter Haut und explizitem Splatter basiert. Alexandre Ajas Piranha steht jedoch nicht nur dazu, er brüstet sich damit, ja er feiert seine eigene, auf niedere Instinkte spekulierende künstlerische Belanglosigkeit regelrecht ab. "Brüste! Blut! Fiese Fische!" - Bei solchen Slogans dürfte schnell klar sein, wo es lang geht, und was will man eigentlich noch mehr von einem Film, wenn man behaupten kann, dass er sämtliche Erwartungen restlos erfüllt?
Los geht es mit einem Seebeben, das Schwärme prähistorischer Piranhas aus den Tiefen des Meeres befreit, die nun, pünktlich zum Spring Break, die Küsten unsicher machen. Für das Gerippe von einem Skript hat man sich scheinbar je zur Hälfte beim Weißen Hai und bei irgendwelchen Softpornos bedient, es gibt die heldenhafte Polizistin, ihre in Gefahr geratenen Kinder, jede Menge knapp bis gar nicht bekleidetes Feiervolk und ein Filmteam der schmuddeligeren Sorte. Substanz genug, um Piranha nicht für eine einzige der schlanken 88 Minuten langweilig werden zu lassen und vor deren Hintergrund sich die hyperaktiven Biester so richtig austoben dürfen. Was hier an Gore aufgefahren wird, ist schon mächtig derb. Von zum Verzehr freigegebenen Geschlechtsteilen über semierotische Zweiteilungen bis hin zu abgeknabberten Extremitäten am lebenden Objekt säbeln sich die aggressiven kleinen Fische einmal quer durch die menschliche Anatomie. 
Garniert wird diese Schlachtplatte di Mare mit erlesenen B-Stars wie Elisabeth Shue, Ving Rhames, Christopher Lloyd und Richard Dreyfuss, die ebenfalls dazu beitragen, dass Aja mit seinem Piranha eine blutige und selbstironische Trash-Granate zünden kann.