Samstag, 16. Februar 2013

Filmtagebuch: Monster (2003)

Patty Jenkins Spielfilmdebüt entzieht sich ein wenig einer klaren Genre-Zugehörigkeit. Natürlich haben wir es mit einer Serienmörderin zu tun, doch von einem Slasher ist Monster ebenso weit entfernt wie von einer handelsüblichen Biografie. Betrachtet werden abgesehen von einigen wenigen Rückblenden lediglich der Zeitabschnitt der Morde, die Aileen Wournos beging, sowie die Urteilsverkündung, mit der sie in die Todeszelle geschickt wird. Vor allem aber schmückt das Drehbuch vieles aus oder interpretiert munter drauf los. Auch Figuren und deren Namen sind zum Teil frei erfunden.
Findet man sich aber einmal mit der nicht ganz eindeutigen Intention des Films und der letztlich recht freien Erzählung ab, bekommt man es mit einem eindringlichen Drama zu tun, das es trotz einiger Distanz und absoluter Wertungsfreiheit schafft, Mitgefühl, vielleicht sogar im Ansatz so etwas wie Verständnis für die Killerin zu wecken.
Sonderlich sympathisch ist diese von Charlize Theron tatsächlich eindrucksvoll gespielte Aileen Carol Wuornos nun nicht gerade, und ein legitimes Motiv für die sieben von ihr begangenen Morde liefert weder der Film noch die Wirklichkeit. Haben wir aber erst einmal all die Scheiße verfolgt, die dieser Frau widerfährt, gipfelnd in der Vergewaltigung durch einen Freier, der offensichtlich gewillt ist, sie zu ermorden, fällt es doch nicht ganz so leicht, über sie zu richten. Gerade als sie ihren ungezügelten Hass auf alle Freier scheinbar in den Griff zu bekommen versucht und sich um einen Job bemüht, bekommt sie erst recht auf die Fresse, wird ausgelacht, gedemütigt und natürlich ausnahmslos zum Teufel gejagt. Der Film lässt allerdings auch keinen Zweifel daran, dass Aileen in letzter Konsequenz ganz allein für ihr Leben und ihre Taten verantwortlich ist - angefangen bei ihren lächerlichen Berufsvorstellungen, die sie ernsthaft von einer eigenen Tierarztpraxis träumen lassen, und auf dramatische Weise endend mit dem letzten Mord, der jede Spur von Verständnis oder gar Identifikation beim Zuschauer auf unangenehmste Weise niederwalzt.
Monster ist kein Erzählkino für zwischendurch, sondern eine Studie (vielleicht eine auf das Minimalste - nämlich eine einzige Person - reduzierte Milieustudie) mit beinahe wissenschaftlicher Distanz - aber eben völlig auch viel künstlerischer Freiheit. Wer sich darauf einlassen kann, wird den Film lieben. Wer es bevorzugt, an die Hand genommen zu werden und eine klare Trennung zwischen Gut und Böse braucht, ist bei herkömmlichen Serienkiller-Filmen wohl besser aufgehoben.

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